Abstimmung zur Düngeverordnung
Wenn am Ende dieser Woche im Bundesrat über die Düngeverordnung abgestimmt werden sollte, dann drohen der Landwirtschaft krasse Einschnitte. Diese Sorge hat viele nicht nur jetzt, sondern über Monate bewegt.
Ich kann an dieser Stelle nicht auf die vielen Details, auf Missverständnisse und jahrelange Versäumnisse eingehen. Das Thema ist zu komplex, um es in ein paar Zeilen abzuhandeln. Ich habe hophen Respekt davor, dass viele in dieser Debatte auf Populismus verzichtet und sich den fundierten, wissenschaftliche Argumenten zugewendet haben.
Das Ergebnis der Bemühungen ist auch für mich frustrierend. In vielen Anläufen haben viele Kolleginnen und Kollegen im Parlament versucht, den Verantwortlichen der Kommission in aller Klarheit zu verdeutlichen. Ich selbst habe das Anliegen in unzähligen Treffen mit dem ehemaligen Kommissar Vella, dem Generaldirektor Calleja Crespo, dem aktuellen Kommissar Sinkevicius und auch der Kommissionspräsidentin addressiert. Heute stelle ich ernüchtert fest, dass die Kommission diesen Argumenten wenig Beachtung geschenkt hat. Sie hat, und das habe ich im Februar Herrn Kommissar Sinkevicius unmissverständlich mitgegeben, auch auf die vielen strittigen Fragen wie die der Messstellen keine befriedigenden Antworten gegeben.
Heute habe ich mich erneut an die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gewandt:
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
vor wenigen Tagen haben Sie die Entwicklungen im Zusammenhang mit COVID-19 mit deutlichen Worten kommentiert. Dabei haben Sie besonders Bezug genommen auf die Wirtschaft: „Wir brauchen all diese Unternehmen,” heißt es da und: „wir mobilisieren alles, was Europa an Möglichkeiten hat.” Ich teile, verehrte Frau Präsidentin, Ihre Entschlossenheit in dieser Situation. „Alles das, was in dieser Krise hilft, wird eingesetzt, weil wir stützen unsere Wirtschaft ohne Wenn und Aber,” so kommentieren Sie richtigerweise.
Frau Präsidentin, es ist aus meiner Sicht in der aktuellen Situation mehr als geboten, dem Teil der Wirtschaft, der unsere Ernährung sichert, eine ebensolche „maximale Beinfreiheit” (Zitat Ursula von der Leyen) zu gewähren, wie wir sie Banken, Mittelständlern, Kleinstunternehmern und Industrieunternehmen gewähren.
Die deutschen Landwirte machen uns satt. Und es wäre fatal, wenn wir in der ohnehin angespannten Situation (Störung der europäischen Arbeitnehmermobilität, Einschränkung des Absatzes in der Gastronomie, weitere Belastungen durch COVID-19) nun die umstrittenen Regelungen in Kraft setzen. Wir belasten damit die deutschen Landwirte noch einmal über Gebühr.
Es ist an der Zeit, dass Sie den deutschen Ministerien endlich das Signal geben: In der aktuellen Krise braucht die Landwirtschaft ebenso wie andere Wirtschaftsbereiche die maximale Beinfreiheit. Nutzen Sie jetzt die Chance, den Landwirten zu signalisieren: Wir brauchen Euch in dieser Krise.
Ich bin dankbar für das Engagement vieler und hoffe, dass sie vorangehen. Wir brauchen klare und mutige Stimmen. Viele Landwirtinnen und Landwirte denken Ökologie und Ökonomie seit Generationen zusammen. Außerhalb der landwirtschaftlichen Betriebe haben das leider noch zu wenig Menschen verstanden. Entscheidend ist, dass die Landwirtschaft Kompromisse schließt, nach vorne denkt und künftig wieder Mehrheiten für ihre wichtige Arbeit gewinnt. Dabei möchte helfen.
Jens Gieseke