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24. Dezember 2014

Gespräch mit Flüchtlingen

Lingen. Um mehr über die Lebensgeschichte von Flüchtlingen der Region zu erfahren, informierte sich der Europaabgeordnete Jens Gieseke (CDU) aus Sögel nun beim Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) in Lingen. Besonderen Wert legte er auf den persönlichen Austausch mit Flüchtlingen.

Gieseke nahm sich nach einer vollen Plenarwoche in Straßburg bewusst noch einmal Zeit für dieses Thema. Ihm sei der persönliche Austausch besonders wichtig: „Zahlen in der Berichterstattung sind anonyme Statistiken,“ so der Abgeordnete, „sie können aber nicht beschreiben, wie es den vielen, vielen Flüchtlingen wirklich geht.“ Der Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) in Lingen kümmert sich seit Jahrzehnten intensiv und ganz praktisch um das Thema Flüchtlinge. Deshalb traf sich Gieseke dort mit zwei jungen Männern aus Eritrea in Afrika sowie einer Familie aus Syrien. Gemeinsam mit dem SKM-Vorsitzenden Heinz Rolfes, Geschäftsführer Hermann-Josef Schmeinck sowie den Fachkräften des Sozialdienstes hörte Gieseke den Flüchtlingen aufmerksam zu. Mit am Tisch waren auch zwei Dolmetscher. Sie sind selbst Einwanderer und seit Jahren in Deutschland. Jetzt stehen sie den ankommenden Flüchtlingen ehrenamtlich zur Seite. Für Christina Johanning vom SKM sind solche Kräfte unverzichtbar: „Gerade bei Arztbesuchen sind wir auf diese Hilfe angewiesen.“

Zunächst aber hatten die beiden jungen Männer von ihrer Flucht aus Eritrea berichtet. Sie hatten den Krieg dort in der Armee erlebt und für sich keinen anderen Weg als die Flucht gesehen. Zu Fuß, per Auto und schließlich mit dem Boot haben sie das italienische Lampedusa erreicht. Sie leben jetzt in einer Gruppenunterkunft in Lingen. Beide haben in ihrem Heimatland als Bauhandwerker gearbeitet. Sie wünschen sich auch hier eine berufliche Perspektive. Rolfes unterstützte den Wunsch: „Wir müssen die Menschen zielgerichtet fördern.“

Die junge Familie mit ihrem zweijährigen Sohn hatte eine ähnlich bewegte Fluchtgeschichte. Aus Syrien floh das Paar über Ägypten, den Libanon und Tunesien nach Italien. Seit August leben sie in Lingen. Er brach sein Studium der Tiermedizin ab, sie konnte ihre kaufmännische Ausbildung nicht zu Ende führen. Beide warten für sich und ihr Kind nun auf eine Aufenthaltsgenehmigung. „Wir können leider überhaupt nicht einschätzen, wie lange diese Verfahren dauern,“ so Geschäftsführer Schmeinck, „bei einigen klappt es in wenigen Wochen, bei anderen dauert es Jahre.“

Gieseke zeigte sich bewegt von den persönlichen Berichten. „Es ist gut, aus erster Hand und von den Fachleuten, auf die aktuellen Schwierigkeiten hingewiesen zu werden.“ Zu den Problemen zählt Karin Schulz vom SKM vor allem die Formalitäten beim Besuch von Ärzten und das Fehlen einer umfangreichen Sprachförderung. Doch das Gespräch drehte sich nicht nur um Probleme, sondern auch um die positiven Seiten: Der syrische Familienvater berichtete, er habe bisher nur positive Erfahrungen mit den Menschen in Deutschland gemacht. Jens Gieseke wies im Gespräch auf die Chancen der Integration hin. Besonders das Vereinsleben und die Fußballmannschaften sollten als Möglichkeit genutzt werden: „Sprache ist der Schlüssel zur Integration, gelebt wird sie aber in den Vereinen und Verbänden und im Beruf.“

Für Gieseke, der die Interessen des niedersächsischen Westens in Brüssel und Straßburg vertritt, ist die Flüchtlingsfrage allerdings eine europäische: „Wir müssen zu gerechten Verteilungen unter den verschiedenen Ländern Europas kommen.“ Es könne nicht sein, dass einige wenige Länder allein für die Aufnahme der Flüchtlinge aufkommen. Dennoch liege in der Zuwanderung auch eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Chance. Schmeinck verwies auf die Flüchtlingswellen in den 90er-Jahren: „Wir haben das damals gestemmt und wir werden das auch jetzt stemmen.“ Gieseke ergänzte: „Die Menschen in unserer Region haben die Kraft, das Verantwortungsbewusstsein und das Engagement, damit wir diese Herausforderung meistern.“