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1. Oktober 2020

Ein klarer Rahmen für die Migrationspolitik

Schreckliche Bilder haben uns Mitte des vergangenen Monats von der griechischen Insel Lesbos erreicht. Es ist gut, dass viele schnell Maßnahmen ergriffen haben, um konkret vor Ort zu helfen. Auch das deutsche THW hat hier seinen Beitrag geleistet. Grundsätzlich aber erwarte ich, dass Griechenland für eine humanitäre Unterbringung der Flüchtlinge sorgt. Dazu muss die EU-Kommission die nötige Unterstützung leisten.

Alle, die in den Tagen nach Moria mit dem Finger auf die EU gezeigt haben, müssen aber auch wissen: Es sind die Nationalstaaten, die eine Lösung verhindern. Das EU-Parlament ist in dieser Sache eindeutig! Diese Eindeutigkeit hilft nur nichts, wenn sich einige einer Lösung versperren. Machen wir uns ehrlich: Ein EU-Konsens mit einer fairen Verteilung der Flüchtlinge über ganz Europa ist weit entfernt, wenn nicht sogar unerreichbar.

Es war deshalb allerhöchste Zeit, dass die Kommission unter Ursula von der Leyen (endlich!) einen realistischen Reformvorschlag zum europäischen Asylsystem auf den Tisch gelegt hat. Dieser Vorschlag ist ein Schritt in die richtige Richtung, um die Blockade zu lösen, die die europäische Migrationspolitik seit mittlerweile fünf Jahren lähmt.  Für uns ist klar: Wir wollen einen ausgewogenen Ansatz, der Humanität und Ordnung zusammenbringt, Fluchtursachenbekämpfung und Grenzschutz miteinander vereint.

Positiv ist das Vorhaben, die Zusammenarbeit mit den Herkunftsstaaten zu intensivieren. Hier brauchen wir kreativere Instrumente als bisher, beispielsweise effektivere Rückübernahmeabkommen. Die Einrichtung eines EU-Rückführungskoordinators ist ebenso gut und sinnvoll, damit diejenigen, die in Europa keine Bleibeperspektive haben, zügig und sicher in ihr Land zurück gebracht werden. Wir wollen eine klare Unterscheidung zwischen Schutzsuchenden und Wirtschaftsmigranten.

Die vergangenen fünf Jahre haben gezeigt, dass der bisherige Ansatz, alle EU-Staaten zur Aufnahme von Flüchtlingen gewinnen zu wollen, nicht weiter führt. Es ist deshalb richtig, den Mitgliedstaaten unterschiedliche Möglichkeiten zu eröffnen, europäische Solidarität zu leisten. Die finanzielle Unterstützung von Rückführungen aus Grenzstaaten (“Return-Sponsorships”) können ein wichtiges Element sein, ebenso ein größeres Engagement bei Entwicklungshilfe, Sicherheitspolitik, beim Grenzschutz oder bei der Ausstattung von Einrichtungen an der EU-Außengrenze.

Wir als EVP und als Christdemokraten in der EVP werden die Vorschläge im weiteren Verfahren konstruktiv begleiten und erwarten genau das von allen beteiligten Akteuren hier in Brüssel und in den EU-Hauptstädten.

Es muss uns – auch im Interesse derer, die Schutz suchen – endlich gelingen, einen fairen und klaren Rahmen für die schwierigen Fragen der Migrationspolitik zu schaffen.