Die EU-Kommission muss sich der Debatte stellen

Brief der MdEPs Düpont und Gieseke zum Thema Nitrat
Die Kollegin Lena Düpont MdEP und ich haben uns gestern mit einem Brief an den EU-Umweltkommissar gewandt. Es geht um die Nitratrichtlinie, um die Düngeverordnung und um Gesprächsbedarf.
Seiner Exzellenz dem Mitglied der Europäischen Kommission
Herrn Virginijus Sinkevicius
EU-Kommissar für Umwelt, Meere und Fischerei
Brüssel, den 30. Januar 2020
Sehr geehrter Herr Kommissar,
heute schreiben wir Ihnen in einer dringenden Angelegenheit, die uns und viele Menschen in unserer Heimat umtreibt.
Noch am vergangenen Samstag haben bei einer politischen Veranstaltung im Emsland mehr als 400 Landwirte mit ihren Traktoren auf sich aufmerksam gemacht, im Dezember und im Januar waren tausende Landwirtinnen und Landwirte in Oldenburg, Hannover, Bonn und Berlin auf den Straßen. Sie alle haben berechtigte Sorgen: um ihre persönliche Zukunft und um ihre berufliche Existenz. Und diese Sorgen hängen unmittelbar mit politischen Entscheidungen in Brüssel zusammen: Es geht um die massiven Auswirkungen durch die geplante weitere Verschärfung der Düngeverordnung.
Wir alle schauen heute sehr sensibel und bewusst auf unsere Umwelt. Und es muss allen Akteuren ein gemeinsames Ziel sein, in besonderem Maße das Wasser zu schützen. Den europäischen Vorgaben ist die deutsche Agrar- und Umweltpolitik über mehr als ein Jahrzehnt unzureichend nachgekommen. Es ist deshalb höchste Zeit, dass die Politik Entscheidungen in dieser Sache herbeiführt, die den Vorgaben genügen und die vor allem dauerhaft sauberes Wasser gewährleisten. Deutschland ist hier in der Pflicht.
Nun tritt in der nun schon mehrere Jahre dauernden Debatte allerdings eine Schieflage zutage, die für uns als Europaabgeordnete außergewöhnlich unbefriedigend ist. Und das hat zwei Gründe
1. Während die Europäische Kommission sich nach außen hin als transparente Organisation darstellt, verpasst sie es, den Bürgerinnen und Bürgern in genügender Klarheit, ihre Argumente in der aktuellen Debatte darzulegen. Die unbeleg- oder -widerlegbare Aussage „Brüssel will in diesem Fall, dass …“ ist Ausdruck dieser Situation. In diesen Tagen beispielsweise werden die Landwirte mit der Nachricht aufgeschreckt, der Europäischen Kommission genügten die aktuellen Verschärfungen der Düngeverordnung nicht. Eine Kommunikation durch die Europäische Kommission findet nicht statt.
2. Die Debatte um die politischen Entscheidungen in dieser Sache führen die Abgeordneten, die politischen Entscheidungen selbst treffen die Entscheidungsträger innerhalb der Kommission. Es ist ein unbefriedigender Zustand, dass in einer Debatte von dieser Tragweite diese Schieflage nicht beseitigt ist. Aus unserer Sicht führt die Kommission einen unzureichenden Dialog mit denen, die es tatsächlich betrifft. Und deshalb erwarten wir von den Entscheidungsträgern in der Kommission, dass sie die Argumente der Landwirtschaft hören. Es kann nicht sein, dass die gewählten EU-Parlamentarier vor Ort zum Sündenbock gemacht werden und selbst nur Beobachter des Prozesses sind.
Wir schlagen deshalb vor, dass Sie, verehrter Herr Kommissar, ein zeitnahes Gespräch mit uns und Vertretern beispielsweise der Niedersächsischen Agrarwirtschaft in Brüssel ermöglichen, um den Willen zu dokumentieren, die Anliegen zu hören und um gegebenenfalls überzeugend die Argumente zu widerlegen. Dazu gehört auch, dass die Kommission endlich zur Messstellenproblematik Stellung bezieht. Eine solche Stellungnahme kann sich nicht darauf beschränken, dass dies Sache der Mitgliedsstaaten sei.
Eine Kopie dieses Schreibens lassen wir Frau Präsidentin von der Leyen sowie Herrn Kommissar Wojciechowski zukommen.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich zur Verfügung.
Wir freuen uns, angesichts der gebotenen Eile in dieser Sache, auf Ihre zeitnahe Rückmeldung.
Lena Düpont MdEP
Jens Gieseke MdEP